Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
mit dem heutigen Tag veröffentlicht KONTEXT: WOCHENZEITUNG eine erste Fassung meines Artikels über die seit Jahren erfolgende Hochrüstung von Brasilien im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016. Begründet werden die Waffenlieferungen und der Waffeneinsatz mit der Wahrung der „Sicherheit“ im fünftgrößten Land der Welt. Dabei wird die massive Gewalt in Brasilien mit der noch massiveren Gegengewalt des Staates bekämpft. Eine Strategie, die zum Scheitern verurteilt ist. Eine Strategie, die Armutsbekämpfung, Bildung und Soziales in den Hintergrund drängt. Zugleich eine Strategie, die der Rüstungsindustrie weltweit – auch der deutschen – ungute Profite beschert.
Eine längere Fassung meiner Analyse wird in der kommenden Ausgabe der ZivilCourage, der Mitgliederzeitschrift der DFG-VK, als Titelgeschichte publiziert werden.
Herzliche Grüße
Jürgen Grässlin
Tore und Tote
Bevor die Kugel rollt, fliegen bereits die Kugeln. Brasilien rüstet im Vorfeld der Fußball-WM und der Olympischen Spiele massiv auf. Die Waffen für die „Sicherheit“ der sportlichen Megaveranstaltungen kommen auch aus Deutschland.
Von Jürgen Grässlin
Um Brasilien dreht sich in diesem und in den kommenden beiden Jahren der Sportglobus. Schließlich werden im fünftgrößten Land der Welt mit der Fußballweltmeisterschaft im Juni und Juli 2014 und mit den Olympischen Sommerspielen im August 2016 die weltweit meistbeachteten sportiven Großereignisse ausgerichtet. Hunderttausende Menschen werden in den Stadien mitfiebern, Milliarden weltweit die Wettkämpfe gebannt vor ihren Fernsehschirmen verfolgen. Spiele des friedlichen Zusammenlebens, die die Bevölkerung Brasiliens einen und alle Gewalt im Land wenigstens für wenige Wochen in den Hintergrund drängen. Spiele der Völkerverständigung, die die 30 bewaffneten Konflikte und Kriege in aller Welt wenigstens für eine begrenzte Zeit vergessen lassen. Was für eine Chance für das größte Land Lateinamerikas, sich der Weltöffentlichkeit von seiner besten Seite zu präsentieren und zukünftig weitaus mehr Touristen anzulocken.
Doch die Voraussetzungen für Spiele des Feierns, der Freude und des Friedens waren und sind schlecht. Bis heute ist die brasilianische Gesellschaft geprägt durch exzessive Gewaltanwendung und Folter seitens von Behörden, durch „Folter und andere Misshandlungen in den Haftanstalten, in denen grausame, unmenschliche und erniedrigende Bedingungen“ herrschen, durch „rechtswidrige Zwangsräumungen in städtischen wie ländlichen Regionen“ gegenüber Landarbeitern und indigenen Bevölkerungsgruppen – so einige Beispiele aus dem aktuellen Jahresbericht von Amnesty International (AI). Oftmals fehlt das Vertrauen in staatliche Institutionen.