Frohe Weihnachten 2015! – Und mit dabei: deutsche Rüstungsexporte nach Kolumbien, die Bundeswehr im Irak und Stimmen aus den Reihen der Linken und der deutschen Katholischen Bischöfe zum Krieg in Syrien.
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DAKS-Newsletter Dezember 2015
Grenzen öffnen für Menschen – Grenzen schließen für Waffen
Eine Presseerklärung von Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!
Zu Weihnachten 2015 fordert die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ die Bundesregierung erneut auf, den Export von Kleinwaffen und Munition komplett einzustellen.
„Gerade jetzt, wo das Leid der Flüchtlinge uns so nahe kommt, müssen wir uns der politischen Verantwortung Deutschlands für Fluchtursachen stellen. Denn Deutschland ist weltweit einer der führenden Exporteure von Kleinwaffen und Munition. Kleinwaffen wie Pistolen, Maschinenpistolen und Gewehre sind weltweit für mehr Tote, Verletzte und Flüchtlinge verantwortlich als jede andere Waffenart. So trägt die Bundesregierung direkt zur Verschärfung von Kriegen und gewaltsam ausgetragenen Konflikten bei – genau das ist aber eine der Hauptursachen für Flucht und Vertreibung. Darum sammeln wir Unterschriften gegen diese falsche Politik“, erklärte pax christi-Generalsekretärin Christine Hoffmann und Sprecherin der Kampagne. „Wir wollen ein Land mitgestalten, das zivile und friedliche Konfliktbearbeitung exportiert, der Handel mit Kleinwaffen bewirkt das Gegenteil“, so Hoffmann.
„Die Grenzen müssen für die Menschen geöffnet bleiben, aber für den Export von Waffen endlich geschlossen werden“, fordert Paul Russmann, Geschäftsführer von Ohne Rüstung Leben und Kampagnensprecher. „Darum fordern wir die Bundesregierung mit unserer aktuellen Unterschriftenaktion auf:
- Initiieren Sie ein gesetzliches Verbot für den Export von Kleinwaffen und der zugehörigen Munition.
- Initiieren Sie ein gesetzliches Verbot für die Vergabe von Lizenzen zum Nachbau von Kleinwaffen und der zugehörigen Munition. Widerrufen Sie bereits erteilte Lizenz-Genehmigungen.
- Organisieren Sie Rückruf- und Verschrottungsaktionen für bereits gelieferte Kleinwaffen.“
„In Mexiko, Sudan, Kolumbien und vielen weiteren Staaten kommt es zu Polizeigewalt, Mafiakriegen, blutigen Konflikten. Genau in diesen Ländern finden sich erschreckend oft die Produkte deutscher Kleinwaffenhersteller, wie Heckler & Koch, Carl Walther und Sig Sauer, im Einsatz. Allein durch eine Kugel aus dem Lauf einer Waffe von Heckler & Koch stirbt durchschnittlich alle vierzehn Minuten ein Mensch“, erläutert Kampagnensprecher Jürgen Grässlin. Der DFG-VK-Bundessprecher Grässlin ist Mitautor des aktuell erschienenen Enthüllungsbuches ‚Netzwerk des Todes. Blutiger Handel – Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden‘. „Die skandalösen Verwicklungen der deutschen Kontrollbehörden Bundesausfuhramt und Bundeswirtschaftsministerium in illegale Lieferungen von G36-Sturmgewehren nach Mexiko zeigen die Dringlichkeit unserer Unterschriftenaktion auf. Denn das Netzwerk des Todes lässt sich nicht durch das Herumdoktern an unwirksamen Kontrollmechanismen durchbrechen, wie das die Bundesregierung plant. Sind Kleinwaffen und Munition exportiert, dann ist deren Kontrolle erfahrungsgemäß unmöglich. De facto hilft nur ein völliges Exportverbot von Kleinwaffen und Munition, alles andere ist Schaumschlägerei“, fordert Grässlin nachdrücklich.
… und Friede den Menschen auf Erden! Die Katholische Kirche und der Krieg in Syrien
Den 1. Advent verbrachte Papst Franziskus nicht in Rom, sondern in einem Krisengebiet: Obwohl ihn seine Sicherheitsberater nachdrücklich warnten, ist er im Rahmen seiner Pastoralreise nach Afrika auch in die Zentralafrikanische Republik gereist, wo er sich mit Vertretern verschiedener christlicher Denominationen und der muslimischen Gemeinde traf. Die Pressekonferenz auf dem Rückflug nach Italien bot den mitreisenden Journalisten dann Gelegenheit, drängende Fragen zu stellen. Marco Ansaldo von der italienischen Zeitung Repubblica sprach den Papst auf den Abschuss eines russischen Flugzeug durch die türkische Luftwaffe an. In seiner Antwort geht Papst Franziskus dann nicht auf diesen konkreten Gewaltakt ein, sondern spricht allgemein über Krieg:
Die Kriege entstehen aus Machtgier; die Kriege – ich spreche von Kriegen, nicht von gerechter Verteidigung gegen einen ungerechten Angreifer – die Kriege sind eine „Industrie“! In der Geschichte haben wir viele Male gesehen, dass ein Land, wenn die Bilanzen schlecht standen… „Ach, dann führen wir einen Krieg!“, und so wird das Defizit überwunden. Der Krieg ist ein Geschäft: ein Geschäft mit Waffen. Die Terroristen, stellen die etwa Waffen her? Ja, vielleicht irgendeine kleine. Wer aber gibt ihnen die Waffen, um Krieg zu führen? Da gibt es ein ganzes Netz von Interessen, hinter dem das Geld steckt oder die Macht – die imperiale Macht oder die konjunkturelle Macht… Wir aber befinden uns seit Jahren im Krieg und jedes Mal mehr: Die „Stücke“ sind immer weniger nur Stücke und werden immer größer… Und was ich darüber denke? Was der Vatikan denkt, weiß ich nicht, aber was denke ich? Dass die Kriege eine Sünde sind und sich gegen die Menschheit richten; sie vernichten die Menschheit, sie sind der Grund für Ausbeutung, Menschenhandel, für viele Dinge… Das muss aufhören. Den Vereinten Nationen habe ich das zweimal gesagt, sowohl hier in Kenia als auch in New York: Möge eure Arbeit kein Nominalismus sein, der sich in Erklärungen erschöpft, sondern möge sie wirksam sein: dass Frieden geschaffen wird. Sie tun vieles. Hier in Afrika habe ich gesehen, wie die Blauhelme arbeiten… Aber das genügt nicht. Die Kriege kommen nicht von Gott. Gott ist der Gott des Friedens. Gott hat die Welt erschaffen, hat alles schön gemacht, alles schön, und dann – erzählt die Bibel – ermordet ein Bruder den anderen: der erste Krieg, der erste „Weltkrieg“, zwischen Brüdern… Ich weiß nicht, das kommt mir so in den Sinn, und ich sage es mit großem Schmerz… Danke.
Am 1. Advent war jedoch nicht nur der Papst in der Zentralafrikanischen Republik, sondern auch das Oberhaupt der maronitischen Christen, Patriarch Béchara Pierre Kardinal Rai, in Deutschland zu Besuch. In einer an den Besuch anschließenden Pressemeldung vom 30. November 2015 erklärte die Deutsche Bischofskonferenz ihre Solidarität mit den Christen in Syrien. Der Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, sprach dann auch nicht über Krieg, sondern über die Lage der Christen und kam zu dem Schluss:
„Wie im Irak, so droht auch in Syrien der Krieg zum Auslöser für das Verschwinden des Christentums zu werden, das seit 2000 Jahren im Land lebt und es in beachtlichem Maß mitgeprägt hat. […] Die deutschen Bischöfe unterstützen deshalb alle auf dieses Ziel [den Syrien-Krieg zu beenden] gerichteten Bemühungen der internationalen Gemeinschaft. Wir wissen: Militärische Gewalt darf niemals ein reguläres Mittel – sozusagen das Mittel der Wahl – sein, um die Verhältnisse zu wenden und auf friedliche Zustände hinzuwirken. […] In Übereinstimmung mit den Bischöfen in der Region hat die Deutsche Bischofskonferenz deshalb bereits im Jahr 2014 – nach dem Vormarsch der Dschihadisten in Syrien und im Irak – deutlich gemacht, dass wir den Einsatz militärischer Mittel für ethisch vertretbar halten, wenn nur so dem menschenverachtenden Treiben des IS ein Ende bereitet werden kann.“
Schick wiederholt mit diesen Worten die Einschätzung, mit der die Deutsche Bischofskonferenz im August 2014 die geplante Lieferung von Waffen an die Kurden im Nordirak grundsätzlich begrüßt hat. In Haltung und Sprachduktus könnten beide Stellungnahmen jedoch kaum unterschiedlicher sein. Während Papst Franziskus den Krieg betrachtet, der real den Mittleren Osten verwüstet, scheint die deutsche Bischofskonferenz sich stärker in der Verantwortung zu sehen, mögliche, durch die Politik vorgegebene Handlungsoptionen, ethisch-moralisch zu bewerten. – Und zu legitimieren.
Wie schnell sich die deutschen Bischöfe dabei den politischen Forderungen angepasst haben, kann an den Stellungnahmen des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, nachvollzogen werden. Am 29.8.2013 wird er durch Radio Vatikan mit den Worten zitiert:
„Die Interventionen des Westens – Afghanistan, Irak, Libyen und so weiter – haben nicht die gewünschten Folgen. Das müssen wir erst einmal festhalten. Der Irakkrieg wurde von Papst Johannes Paul II. abgelehnt als ein Krieg unter falschen Voraussetzungen. Die deutschen Bischöfe haben ihn ebenfalls abgelehnt. Aber er hat stattgefunden und führt dazu, dass viele Christen den Irak verlassen. Die Christen kommen unter Druck, auch durch diese Intervention. Nicht beabsichtigt, aber als Folge. In Syrien wird dasselbe passieren. Sie kommen unter die Räder. Hier schlachten Muslime Muslime ab, und wir unterstützen möglicherweise Saudi-Arabien und solche Regime, die die Radikalen unterstützen. Was soll das denn bedeuten? Panzer zu liefern an ein Regime, dass in Syrien die Salafisten unterstützt, die kein Interesse haben an der Präsenz der Christen?Den Orient zu verstehen und dann zu sagen ‚Da machen wir mal klar Schiff’, das ist Wahnsinn, absoluter Wahnsinn! […] Da können wir jetzt alle schön Stammtischweisheiten von uns geben. Nur, eins ist klar: Es ist eine riesige Herausforderung. Und Gewalt löst dort nicht ein einziges Problem. Gar nichts. Durch Gewalt ist bis jetzt kein einziges Problem im ganzen Gebiet dort gelöst worden.“
Ein Jahr später trug er als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz die Erklärung mit, dass militärische Maßnahmen, wie die Lieferung von Waffen, in Syrien und im Irak moralisch vertretbar sein könnten. Und am 20. Dezember 2015 schließlich erklärte er in einem Interview gegenüber dem Deutschlandfunk, dass der Krieg in Syrien „etwas verwirrender“ sei als der Irak-Krieg des Jahres 2003. Er führt aus:
Zu einem legitimierten, militärischen Einsatz gehört erstens: Alle gewaltlosen Mittel müssen wirklich bis zum letzten ausprobiert worden sein. Zweitens: Es muss klar sein, dass durch den militärischen Einsatz nicht größeres Unglück passiert als vorher. Drittens: Es muss klar sein, dass ein langfristiger Friedensplan vorliegt, um nach dem militärischen Einsatz dann auch wieder aufzubauen. Militärische Einsätze lösen ja gar nichts. Wenn ich diese Kriterien anlege eben, dann habe ich weiterhin Bedenken. Und die Legitimität? Der Bundestag hat beschlossen. Das ist jetzt keine diktatorische Entscheidung, sondern, es ist eine wirkliche Debatte geführt worden. Da ist sicher schon manches erreicht. Aber ich stehe auch nicht in der politischen Verantwortung
Ich würde nicht sagen, dass man das so eindeutig zu 100 Prozent als Kirche sagen sollte jetzt. Wir müssen die Kriterien nennen, den Politikern an die Hand geben und dann auch sagen, so weit gehe ich: Ich habe, wenn ich die gesamte Koalition anschaue, die hier verwickelt ist – also USA, Iran, Saudi-Arabien, PKK, Russland, Deutschland, Frankreich – dann sage ich: Ja, wie kann das gut gehen? Wie kann da ein gemeinsamer Friedensplan am Ende stehen? Den sehe ich auch noch nicht. Also, ich habe weiterhin große Bedenken – und ich kann nur anmahnen jetzt: Bitte denkt an diese Punkte! Wenn die Punkte nicht geklärt sind, was geschieht danach? Wann ist das beendet? Was ist das Ziel des Ganzen? Da kann ich kaum sehen, dass das der richtige Weg wäre. Aber das muss ich jetzt anmahnen, aber eine letzte Antwort – einfach den Politikern das abzunehmen – das, glaube ich, muss man … In diesem Fall ist es etwas schwieriger, als es, glaube ich, beim Irak war.
Das Interview dokumentiert vor allem, dass auch Marx – wie Papst Franziskus – im Angesicht des Krieges in Syrien um Worte ringen muss. Der Denkweg, den Marx beschreitet, unterscheidet sich dennoch grundlegend von demjenigen, den er noch 2013 vertrat. Heute, so scheint es, beginnt er eben nicht mehr mit der grundsätzlichen Ablehnung des Krieges als eines Mittels zur Konfliktlösung, sondern bedient sich der Kategorien der klassischen, thomistischen Lehre vom Gerechten Krieg, um Kriterien benennen zu können, mit denen die Anwendung militärischer Gewalt eventuell legitimiert werden kann. Er versteigt sich dann zu der Aussage, der Kriegseinsatz der Bundeswehr sei ethisch legitimiert, weil es der Bundestag so beschlossen habe. Seine Bedenken von denen er im Weiteren spricht, beziehen sich dann auch nicht mehr auf die Frage, ob die Bundeswehr in Syrien intervenieren sollte, sondern nur, wie der Einsatz beendet werden kann. Papst Franziskus sprach im Rahmen der zitierten Presseerklärung den Wunsch aus: „Möge eure Arbeit kein Nominalismus sein, der sich in Erklärungen erschöpft, sondern möge sie wirksam sein: dass Frieden geschaffen wird.“ Die von Kardinal Marx bemühten Kriterien, scheinen durchaus einem gewissen Nominalismus verpflichtet zu sein.
Solche weltkirchlichen Ungleichzeitigkeiten kommen im Raum der katholischen Kirche natürlich häufiger vor. Eine analoge Pluralität lässt sich auch in den Positionen zur Legitimität der Drohung mit Atomwaffen feststellen. Während der Vatikan immer wieder betont, dass schon die Drohung mit Atomwaffen moralisch nicht gerechtfertigt werden kann, sind die Bischöfe jener Länder, die Atomwaffen besitzen oder die nukleare Teilhabe praktizieren, sehr zurückhaltend, im Hinblick auf die moralische Bewertung dieser Realität. – Ein geschärftes Problembewusstsein, insbesondere der US-amerikanischen Bischofskonferenz, ist erst seit sehr kurzer Zeit feststellbar. Dennoch ist es überraschend, eine solche Pluralität in einer Institution wie der katholischen Kirche anzutreffen, die in moralischen Fragen, so weit sie den Bereich der Sexualmoral im weitesten Sinne betreffen, sonst auf die Unverfälschtheit und Vollständigkeit der Lehre Wert legt.
Deutsche Waffenexporte nach Kolumbien
Beginnend im Jahr 2006 exportierte SIG Sauer rund 65.000 Pistolen im Wert von 28,6 Millionen Dollar über die USA nach Kolumbien. Bedingt durch diverse Strafanzeigen gegen den Kleinwaffenhersteller beschäftigt dieses Rüstungsgeschäft mittlerweile die deutschen Gerichte. Während bei diesem juristischen Verfahren die Frage geklärt werden muss, ob bei den Exporten das deutsche Rüstungskontrollrecht verletzt wurde, besteht die Frage, ob Rüstungsexporte in dieses Bürgerkriegsland überhaupt mit den Grundsätzen der Bundesregierung zum Rüstungsxport in Einklang gebracht werden können fort. Dankenswerterweise hat die Bundesregierung diese Frage nun geklärt, indem sie den endgültigen Export zweier deutscher U-Boote des Typs 206A nach Kolumbien genehmigte. Der Verkauf selbst kam bereits im Jahr 2012 zustande. Nachdem die beiden im U-Boote als U23 und U24 über 30 Jahre hinweg von der Bundesmarine genutzt worden waren, wurden sie 2011 außer Dienst gestellt. Ein neuer Nutzer konnte jedoch schnell gefunden werden, da etwa U24 seine Leistungsfähigkeit noch im Jahr 2001 unter Beweis gestellt hatte, als es dem Boot gelang, in einem Manöver die Verteidigungslinien des amerikanischen Flugzeugträgers USS Enterprise zu durchbrechen und dessen Versenkung zu simulieren. Bereits im Jahr 2012 erwarb das kolumbianische Militär die beiden Boote für 110 Millionen Euro, was in etwa dem Abwrackpreis entsprach. Am 28. August 2012 wurden U23 als ARC Intrépido und U24 als ARC Indomable in Dienst gestellt. Es schloss sich eine knapp zweijährige Umbauzeit in der Werft von Thyssen Krupp Marine Systems in Kiel an. Bereits in dieser Zeit wurden kolumbianische Marinesoldaten ausgebildet, um die U-Boote künftig bedienen zu können. Wie die Eckernförder Zeitung berichtete, ist diese Ausbildung als ein Akt der Völkerverständigung zu würdigen, da die verschiedenen in Kiel stationierten nationalen Mannschaften auch miteinander Fußball spielen. Nachdem die Umbauarbeiten im Verlauf des Jahres 2015 abgeschlossen werden konnten, wurden die Boote nach Südamerika überführt und dort in Dienst genommen. Die Bundesregierung dokumentiert damit, dass Waffenexporte und Eckernförde – auch nach Kolumbien – an sich kein Problem darstellen. Wichtig ist nur, dass formaljuristisch alles in Ordnung ist.
Bundeswehr im Irak
Es ist Weihnachten und die Bundeswehr verteilt Geschenke: Wie Mitte Dezember bekannt wurde, hat die Bundesregierung dem Drängen der Kurden im Nordirak nachgegeben und weitere Waffenlieferungen genehmigt. Laut Spiegel Online sollen in den kommenden Wochen noch einmal 4.000 Schnellfeuergewehre G36 und 6 Millionen Schuss Munition geliefert werden. Außerdem mit dabei: 200 Milan-Raketen und 5 Spähpanzer des Typs „Dingo“.
Damit wird den Kurden ein beachtliches Waffenarsenal zur Verfügung gestellt. Nach Auslieferung dieser Waffen, werden die Kurden unter anderem 20.000 Schnellfeuergewehre G36 und G3 und 700 Milan-Raketen erhalten haben. Diese Waffen scheinen in der Tat geeignet, das Mächteverhältnis im Irak zu verändern. Insbesondere da die Rüstungsgüter ja nicht einfach geliefert werden, sondern die Peschmerga-Kämpfer auch noch einen Ausbildungslehrgang absolvieren.
Zumindest die irakische Zentralregierung scheint mittlerweile über die Waffenlieferungen besorgt. Anlässlich eines Besuchs Anfang Dezember des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier im Irak soll die Regierung um deutsche Waffenlieferungen auch an die irakische Armee selbst gebeten haben, wie Spiegel Online berichtete.
Dies zeigt: Die deutschen Waffenlieferungen haben tatsächlich reale Auswirkungen im Kriegsgebiet. Ob sie jedoch wirklich die Situation im Irak stabilisieren, darf damit einmal mehr in Frage gestellt werden.
Bundeswehr in Syrien
Die Bundeswehr kämpft in Syrien. Pünktlich zum 1. Dezember beschloss der Bundestag die Entsendung von Aufklärungs-Tornados, Tankflugzeugen und einer Fregatte. Für Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, stellen die Luftschläge der Anti-IS-Koalition insgesamt ein Beispiel von staatlich verantwortetem Terrorismus dar. Erwartungsgemäß gelang es ihr damit Empörung auszulösen. Eine völlig andere Frage ist jedoch, was die Oppositionsparteien jenseits bloßer Worte konkret tun, um ihrer Position der Ablehnung des Syrien-Einsatzes der Bundeswehr, politisches Gewicht zu verleihen? Die Antwort lautet leider, nicht sehr viel. Weder Grüne noch Linke halten eine Verfassungsklage für nötig und bestreiten sogar die juristische Möglichkeit einer Verfassungsklage. Radio Utopie hat bereits auf die Substanzlosigkeit dieser Ausflüchte hingewiesen – dem ist nichts hinzuzufügen. Natürlich besteht die Möglichkeit eines abstrakten Normenkontrollverfahrens und natürlich besteht jenseits der verfassungsrechtlichen Klärungsmöglichkeiten auch das Strafgesetzbuch in Gestalt von Art.80, mit seinem Verbot der „Vorbereitung eines Angriffskrieges“ als einer juristischen Handhabe. Am 16. Dezember 2002 machte die PDS, wie die Linke damals noch genannt wurde, von dieser Möglichkeit Gebrauch und stellte eine Strafanzeige gegen den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Da die Gewährung von Überflugrechten an die US-Luftwaffe eine Beteiligung Deutschlands am Irak-Krieg darstelle.
Wahrscheinlich ist ein solcher Schritt – aus Sicht der parlamentarischen Opposition – heute deshalb nicht möglich, weil keine Überflugrechte gewährt werden?
Zumindest hält eine Mehrheit von 55% der deutschen Bevölkerung den Syrien-Krieg für einen Krieg und die Beteiligung der Bundeswehr an diesem Krieg deshalb auch für einen Beteiligung an einem Krieg. Dies ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, über die etwa die Welt berichtete.
Leider kann ein solches Meinungsbild die parlamentarische Arbeit der Opposition nicht ersetzen. Damit steht die Frage im Raum, ob erst eine repräsentative Umfrage ergeben muss, dass eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Arbeit der Oppositionsparteien als unzureichend kritisiert, bevor diese ihre Arbeit erledigt.