Nach der Massenhinrichtung in Saudi-Arabien zieht die Bundesregierung vorerst keine Konsequenzen – lässt aber eine Hintertür offen: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) deutete am Montag an, eventuell weniger Rüstungsexporte in Richtung Riad zu genehmigen. „Wir müssen jetzt überprüfen, ob wir in Zukunft auch defensive Rüstungsgüter kritischer beurteilen müssen“, sagte er.
Aus seinem Ministerium hieß es, man werde die aktuellen Entwicklungen vom vergangenen Wochenende berücksichtigen, wenn deutsche Rüstungsunternehmen das nächste Mal Geschäfte mit Saudi-Arabien anmelden.
Eine Reaktion, mit der die Regierung hinter Forderungen aus der Opposition zurückbleibt: Politiker aus den Reihen von Linkspartei und Grünen hatten sich zuvor dafür ausgesprochen, Waffenexporte an das Regime sofort zu stoppen. Einzelne Koalitionsabgeordnete schlossen sich ihnen an.
So sagte der Unionspolitiker Michael Hennrich der Rheinischen Post, ein „Moratorium bei den Waffenlieferungen wäre jetzt das richtige Signal“. Fraktionsvize Franz Josef Jung warnte dagegen, wer Handelsbeziehungen abbreche, würde Einflussmöglichkeiten aufgeben.
Vorerst wird die Bundesregierung also nicht mit der langen Tradition deutsch-saudischer Waffengeschäfte brechen. Rüstungsdeals mit Saudi-Arabien gehörten schon zu Zeiten der rot-grünen Koalition zu den profitabelsten Geschäften der deutschen Waffenindustrie.
Seit dem Amtsantritt von Angela Merkel vor zehn Jahren haben die Rüstungsgeschäfte mit Riad noch einmal deutlich zugenommen. Seitdem werden sie von der Bundesregierung nicht mehr nur mit wirtschaftlichen Interessen begründet, sondern auch mit der „sicherheitspolitischen Notwendigkeit“, wichtige Bündnispartner zu schützen und damit den Nahen und Mittleren Osten zu „stabilisieren“.
Schiffe, Panzer und Gewehre
Laut den jährlichen Rüstungsexportberichten der Bundesregierung erhielt Saudi-Arabien von 2001 bis 2014 Waffen im Gesamtwert von knapp 2,6 Milliarden Euro. Darunter waren Kriegsschiffe, Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, Feuerleiteinrichtungen, Gewehre und andere Kleinwaffen sowie Munition. Ausweislich dieser offiziellen Regierungsberichte war Deutschland damit hinter den USA wichtigster Rüstungslieferant für das Regime in Riad.
„Die Berichte der Bundesregierung verschleiern allerdings, dass die tatsächlichen Ausfuhren deutscher Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien noch höher liegen“, kritisierte Jürgen Grässlin, Leiter des Freiburger Rüstungsinformationsbüros. Zum Beispiel weise der Bericht für 2014 lediglich Exporte nach Saudi-Arabien im Wert von 208 Millionen Euro aus. Darin nicht enthalten seien aber wichtige, in Deutschland produzierte Bauteile für das von Riad bestellte Kampfflugzeug Eurofighter, ein deutsch-britisches Gemeinschaftsprojekt.
Die deutschen Bauteile wurden nach Großbritannien geliefert, wo der Eurofighter endmontiert und nach Saudi-Arabien ausgeliefert wurde. Im Bericht der Bundesregierung wird nur der Export der Bauteile nach Großbritannien aufgeführt. Dieser Umwegexport von Bauteilen für ein Kampfflugzeug steht auch im Widerspruch zur Ankündigung von Bundeswirtschaftsminister Gabriel, keine Ausfuhr von Kriegswaffen nach Saudi-Arabien mehr zu genehmigen.
Der Export solcher Waffen muss vom geheim tagenden Bundessicherheitsrat genehmigt werden. Ihm gehören neben der Bundeskanzlerin der Wirtschaftsminister und sechs weitere Fachminister an.
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