In mehreren Anträgen begründen verschiedene Mitglieder der „Kritischen Aktionäre Daimler“ KAD die Nicht-Entlastung: Presseerklärung Nr. 9/2011 der KAD.
Als Beispiel hier der Antrag von Jürgen Grässlin:
Gegenantrag zur Daimler-Hauptversammlung am 13. April 2011
Herr Jürgen Grässlin, Freiburg
Zu Punkt 3 der Tagesordnung:
»Die Mitglieder des Vorstands werden aufgrund der Kriegsprofite durch die Transfers von Waffen und Mercedes-Militärfahrzeugen an das diktatorische Regime Gaddafi nicht entlastet.
Begründung:
KRIEG IST GUT FÜR DAS KONZERNGESCHÄFT: WAFFEN FÜR DAS REGIME GADDAFI
Die Daimler AG ist führender Produzent und Exporteur von Militärfahrzeugen in Europa. Zugleich ist die Daimler AG führender Stimmrechtseigner des Rüstungsriesen European Aeronautic Defence and Space Company (EADS N.V.). Im weltweiten Ranking liegt die EADS auf Platz 7 der rüstungsexportierenden Großkonzerne.
Aufgrund der Lieferungen von Waffen und Rüstungsgütern an die verfeindeten Konfliktparteien profitiert die Daimler AG von den kriegerischen Auseinandersetzungen in Libyen. Wie eng die Geschäftsbeziehungen mit dem diktatorischen Regime von Muammar al-Gaddafi bereits vor Ausbruch des Krieges gewesen sind, belegt die Tatsache, dass die EADS in der libyschen Hauptstadt Tripolis eigens eine Repräsentanz eingerichtet hat (erreichbar über Tel.: +218 21 335-1026, Fax: -1257). Dem Waffenhandel mit dem Diktator waren damit Tür und Tor geöffnet.
So lieferte Daimler/EADS für rund 168 Millionen Euro Panzerabwehrraketen vom Typ MILAN 3 an das libysche Militär. Gefertigt wurden die Missile d’Infanterie Léger ANti-char (MILAN) bei der MBDA-Systems. Mit 37,5 Prozent ist die EADS führender Anteilseigner der MBDA. Diese bewirbt die Anti-Panzerrakete als eine besonders präzise schießende Waffe, die ein »verbessertes Tötungspotenzial« kennzeichne.
Die Abschussanlagen der Panzerabwehrraketen wurden von der ebenfalls zum EADS-Konzern gehörenden Firma LFK (Lenkflugkörper) im bayerischen Schrobenhausen gefertigt. Diese Waffentransfers erfolgten in den Jahren 2009 und 2010.
Mercedes-Militärfahrzeuge vom Typ ACTROS 4860 transportierten Panzer der libyschen Streitkräfte ins Kriegsgebiet Richtung Bengazi. Dies belegen Filmberichte auf www.youtube.com. Zudem verfügt Libyen über Mercedes-Unimogs. Siehe hierzu die Informationsschrift »Daimler AG: Militärische Nutzfahrzeuge« (die Publikation erfolgt auf www.kritische-aktionaere.de).
KRIEG IST GUT FÜR DAS KONZERNGESCHÄFT: WAFFEN FÜR GADDAFI-GEGNER
Krieg ist gut fürs Konzerngeschäft von Daimler/EADS – vor allem dann, wenn die verfeindeten Parteien gegeneinander Krieg mit Waffen und Rüstungsgütern aus derselben Unternehmensgruppe bzw. deren Beteiligungsgesellschaft führen.
Der Eurofighter/Typhoon ist das »modernste und leistungsfähigste marktverfügbare Mehrzweck-Kampfflugzeug der neuen Generation«, jubelt die EADS. Bei den Angriffen, die die britische Luftwaffe und Alliierte im Frühjahr 2011 gegen Flugbasen und Stellungen der libyschen Armee fliegen, waren bzw. sind mit den Eurofighter- und Tornado-Kampfflugzeugen EADS-Waffen mit deutschen Bestandteilen im Einsatz. Beispielsweise fertigt die EADS in Varel das Eurofighter-Rumpfmittelteil, die Montage erfolgt bei Cassidian in Manching.
KRIEG MIT DAIMLER/EADS-WAFFEN IST GIFT FÜR DIE GLAUBWÜRDIGKEIT DES VORSTANDS
Im Geschäftsbericht 2010 verspricht der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche »die konzernweite Verankerung einer beispielhaften globalen Geschäftsethik«. Der »Code of Ethics« verpflichtet die Vorstände dazu, »Fehlverhalten« zu vermeiden und »ethisches Verhalten« zu fördern. Die EADS-Führung – personell eng verwoben mit der Daimler-Führung – erklärte die »Anwendung höchster moralischer Standards« zur Grundlage ihres Handelns.
Derlei Versprechungen und konzerninterne Richtlinien sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt werden. Libyen zählt zu den Staaten, die Menschen- und Bürgerrechte massiv verletzen. Der AMNESTY INTERNATIONAL REPORT 2010 beschreibt die Menschenrechtslage wie folgt: »Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit blieben stark eingeschränkt.«
Rücksichtslos ließ und lässt das libysche Regime die Todesstrafe vollstrecken. Als Begründung wird »eine große Anzahl von Vergehen« angeführt, zu denen auch »die friedliche Ausübung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit« zählten. Regimekritiker bezahlten ihre Forderungen nach demokratischer Mitbestimmung mit dem Leben.
Dennoch erhielten die Täter, das diktatorische Regime Gaddafi, Mercedes-Militärfahrzeuge und Daimler/EADS-Waffen.
Größer könnte die Diskrepanz zwischen dem verbalen Anspruch ethisch verantwortungsvollen Handelns und der Wirklichkeit einer völlig enthemmten Rüstungsexportpolitik nicht sein. Wer als Daimler-Vorstand seit Jahren die Lieferung von Waffen bzw. Militärfahrzeugen an Diktatoren und Scheindemokraten – wie in Ägypten, Libyen, Malaysia, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabische Emirate und weitere – nicht unterbindet, der macht sich moralisch mitschuldig am Einsatz dieser Waffen und an den Opfern von Kriegen und Bürgerkriegen.
Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung (j.graesslin@gmx.de).
Weitere Informationen siehe auf den Websites www.juergengraesslin.com, Dachverband Kritische AktionärInnen (www.kritischeaktionaere.de), Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, DFG-VK (www.dfg-vk.de) und RüstungsInformationsBüro, RIB e.V.