Zum Jahrestag der Genfer Konventionen: Eine Mahnung zur Einhaltung internationaler Regeln im Angesicht von Krieg und Konflikt

Die Genfer Konventionen, unterzeichnet am 12. August 1949, stehen seit Jahrzehnten als Symbol für den Schutz der Menschlichkeit – selbst in den dunkelsten Stunden der Menschheitsgeschichte. Sie sind das gemeinsame Fundament, auf dem die internationale Gemeinschaft das Gebäude des humanitären Völkerrechts errichtet hat. Anlässlich dieses besonderen und bedeutenden Jahrestages ist es von entscheidender Bedeutung, die Bedeutung dieser Konventionen in Erinnerung zu rufen und ihre Einhaltung in der heutigen, von Konflikten geprägten Welt, nachdrücklich zu fordern.

 

Die Genfer Konventionen waren eine Antwort auf das unsägliche Leid, das Millionen von Menschen während des Zweiten Weltkriegs erlitten hatten. Sie verankerten grundlegende Prinzipien des humanitären Schutzes: den Schutz der Zivilbevölkerung, die Behandlung von Kriegsgefangenen und die Verwundeten, sowie den Schutz von Krankenhäusern und medizinischem Personal. Diese Prinzipien sind nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch eine zivilisatorische Errungenschaft, die das Bewusstsein der Menschheit für die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens widerspiegelt.

 

Heute, mehr als 70 Jahre nach ihrer Unterzeichnung, sehen wir uns erneut mit wachsenden Konflikten konfrontiert, die die Grenzen der Menschlichkeit zu überschreiten drohen. 

 

Der wahrscheinliche Völkermord im Gazastreifen. Die Gewalttaten der Hamas. Der völkerrechtswidrige Versuch Russlands, Europas Grenzen neu zu ziehen. Der erneute Versuch des Völkermords im Sudan. Der tödliche Krieg im Kongo. 

 

Die Ukraine und Palästina (Gaza und das besetzte Westjordanland) sind tragische Beispiele dafür, wie wichtig die Genfer Konventionen und das gesamte Regelwerk des humanitären Völkerrechts auch heute noch sind. In beiden Konflikten sind vornehmlich die Zivilisten die Hauptleidtragenden. Fast täglich erreichen uns Schicksale und Nachrichten von den verheerenden Auswirkungen der bewaffneten Konflikte auf unschuldige Männer, Frauen und Kinder, die in den Konfliktzonen dieser Welt gefangen sind.

 

Im Gazastreifen, einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt, sind die Auswirkungen der Gewalt besonders verheerend. Mehr als die Hälfte des Wohnraums in Gaza ist zerstört und mehr als eine Million Binnenvertriebener versuchen, sich vor Militärschlägen der IDF in Sicherheit zu bringen. Trotzdem wurden wiederholt  zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen angegriffen, trotz der klaren Vorgaben der Genfer Konventionen, diese zu schützen. Die Folgen dieser Missachtungen sind tragisch: Menschenleben gehen verloren, Familien werden auseinandergerissen und ganze Generationen leiden unter den Traumata.

 

Auch der Krieg in der Ukraine führt uns die Gräuel vor Augen, die entstehen, wenn die Regeln des Völkerrechts missachtet werden. Angriffe auf zivile Infrastrukturen, die Zwangsumsiedlung von Zivilisten und der Einsatz von Waffen, die unverhältnismäßige Schäden anrichten, sind nur einige Beispiele für die Verstöße gegen die Prinzipien der Genfer Konventionen. In diesem Konflikt wird besonders deutlich, dass der Schutz der Zivilbevölkerung und die Wahrung der Menschenrechte niemals verhandelbar sein dürfen. 

 

Die Genfer Konventionen und die ergänzenden Protokolle stehen als moralischer und rechtlicher Kompass in einer Welt, die allzu oft von Gewalt und Konflikten heimgesucht wird. Sie erinnern uns daran, dass selbst im Krieg Grenzen existieren, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Regeln sind nicht nur ein Zeichen der Zivilisation, sondern auch eine Notwendigkeit für das Überleben und die Würde des Menschen.

 

Es ist die Pflicht aller Staaten und Akteure, diese Regeln zu respektieren und zu verteidigen. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts ist keine Option, sondern eine Verpflichtung, die wir alle teilen – eine Verpflichtung gegenüber den Opfern von Krieg und Gewalt, aber auch gegenüber zukünftigen Generationen, die in einer friedlicheren und gerechteren Welt leben sollen.

 

Am Jahrestag der Unterzeichnung der Genfer Konventionen sollten wir uns nicht nur an die historischen Errungenschaften erinnern, sondern auch an die Herausforderungen, die vor uns liegen. In einer Zeit, in der Konflikte immer komplexer und brutaler werden, müssen wir uns darauf besinnen, dass die Einhaltung des Völkerrechts der einzige Weg ist, um die Grundwerte unserer gemeinsamen Menschlichkeit zu bewahren.

 

Deutschland und Europa machen sich zu häufig zu Tätern und Mittätern bei der Verletzung des humanitären Völkerrechts. Von Waffenlieferungen und diplomatischem Schutz für israelische Kriegsverbrechen, bis zum so genannten „Grenzschutz“, in dessen Namen Menschen im Meer ausgesetzt, in der Wüste verdursten gelassen, und diktatorische Regime finanziert werden. Völkerrechtstreue und universelle Menschenrechte sollten deutsche Staatsräson sein. 

 

Mögen die Genfer Konventionen weiterhin als Leuchtfeuer der Menschlichkeit dienen und uns alle daran erinnern, dass der Schutz des Lebens und der Würde des Menschen selbst im Krieg unantastbar ist. Die Welt schuldet es den Opfern und den Überlebenden, dass diese Regeln niemals vergessen oder missachtet werden.

 

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